Ghana, letzter Eintrag – Grande Finale



 


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Ghana, letzter Eintrag – Grande Finale


Ghana, letzter Eintrag – Grande Finale

So, auf zur letzten Runde. Vor dem Grande Finale liegt aber noch ein weiter Weg. Wir schreiben den 7. Februar und die Halbfinalspiele stehen an. Meine Kumpels sind gestern zwar nach Accra zum Ghana-Spiel gefahren, aber überraschenderweise sind einige holländische Bekannte aus dem Crystal vor Ort. Das erste Spiel, Ghana-Kamerun, wird auf der großen Anzeigetafel im Stadion übertragen, optimale Lösung. Sieht auch lustig aus, wenn die ganze Kurve mit dem Rücken zum Spielfeld sitzt und auf die Anzeigentafel starrt. Und ordentlich Lärm wird natürlich auch gemacht, von den gelben „clapping hands“ bin ich mittlerweile schon ziemlich traumatisiert.

Was da zu sehen ist, ist allerdings sehr unerfreulich. Meine Befürchtung wird wahr, Kamerun schummelt sich wieder durch. Atouba zeigt dabei eine solide Vorstellung als Außenverteidiger. Wieder verzichtet er auf alle Spiränzchen, schaltet sich allerdings auch kaum mal ins Angriffspiel ein. Ghana war bemüht, ein perfekter Angriff der Kameruner sorgt aber für das 1:0, während Ghana in der verzweifelten Schlussoffensive einige wenige gute Ausgleichsmöglichkeiten vergibt.

Nach Schlusspfiff herrscht erst mal Totenstille, aber das sollte sich zum Spiel Elfenbeinküste-Ägypten dramatisch ändern. Mit den beiden Holländern machte ich es mir auf der Gegentribüne bequem, wo allerdings schon vor Anpfiff ein Höllenlärm herrscht. Es geht nicht anders, die Ohrenstöpsel, die eigentlich für Übernachtungen an Hauptverkehrsstraßen gedacht waren, müssen herhalten. Das Spiel wird zur totalen Demontage des großen Favoriten Elfenbeinküste. Das Unheil kündigt sich schon zu Beginn an, als der meiner Meinung nach ohnehin unfähige Trainer Gili (das Training und Aufwärmen leitet eh Drogba als Spielertrainer) wieder den außer Form befindlichen Dindane statt Sanogo spielen lässt.

Noch schlimmer dann die Auswechslungen. Höhepunkt war, dass Gili Sanogo nicht gebracht hat, sondern den total blinden Aruna Kone. Denke das wäre Stielike nicht passiert. Ein Wahnsinn auch die Unleistung von Stuttgarts Boka und Bakari Kone, so dass Ägypten souverän 4:1 gewann. Einziges Highlight der Ivorer war wieder ein absolutes Hammertor von Keita. Den kennt man ja schon von Olympique Lyon aus der Champions League.

Man of the Match ganz klar Torwart El Hadary. Meiner Meinung nach auch stärkster Spieler des Turniers, aber das wird ja nie ein Torwart ungerechterweise. El Hadary saß im Flieger von Kairo nach Accra übrigens neben Jason im Flieger, denn die Ägypter flogen Economy. Jason hat da ein lustiges Video von diesem total chaotischen Flug gemacht. Und El Hadary hat sich Jason selbstbewusst als „best goalkeeper in Africa“ vorgestellt, was sein Trainer auch bestätigte „Yes, he is the best goalkeeper in Africa“ ;) . Außerdem versicherte der Trainer Jason auch, dass Ägypten auch diesmal gewinnen werde, dieses Selbstbewusstsein war berechtigt.

Nach dem Spiel stelle ich fest, dass die Holländer sich leider alle in Stadionnähe einquartiert haben, demnach muss ich alleine zurück in die Guestline Lodge. Dabei begegnet mir der Spielerbus der Ägypter, bei denen die Spieler sich aus den Festern lehnten und sich von den Leuten in Kumasi feiern ließen. Auch mir gratulierten diverse Leute zum Sieg, im festen Glauben, ich sei Ägypter. Da war aber nicht mein inzwischen gut gezüchteter Vollbart Schuld, das ging in diesen Tagen allen Weißen so, sogar den blassen Engländern.

In der Guestline hatte sich das Wasserproblem etwas entspannt, da es am Vortag erstmals seit Herbst mal geregnet hat. Sehr schön. Freitag war dann mal wieder ein Ruhetag. Ich hatte ursprünglich mal viele Pläne für Kumasi, das Obuari Wildlife Reservat, ein Ashanti Schrein, der Lake Bosumtwi. Und ein Erholungstag am sicherlich sehr schönen Lake in einem Upmarket Hotel (soll es dort geben), wäre sicherlich auch das richtige gewesen. Aber ich war nicht mehr in der Lage, den Transport dahin zu organisieren, die Zeiten von Bus, Trotro und auch Taxi waren irgendwie vorbei. Und alleine schon gar nicht. Also blieb ich in Kumasi und spazierte ein wenig durch die Stadt und diesmal auch über den Markt, der Dimensionen einer Kleinstadt hat. Den Laden von der Mutter von Sammy Kuffour habe ich allerdings nicht gefunden, die Holländer waren am Vortag dort. Dafür zirka 100.000 Fledermäuse, die fast den ganzen Himmel schwarz färben, gesehen. Ansonsten nur chillen und entspannen.

Und schon ist Samstag, das Spiel um Platz 3. Ghana-Elfenbeinküste, da kann man sicher in keinster Weise von einem uninteressanten Spiel der Verlierer sprechen. Karten waren trotzdem auf der Post problemlos zu bekommen, die Leute sind ja nicht die allergrößten Vorverkaufsfans. Die Hütte war aber dennoch fast voll, klar, Ghana hat ja immer in Accra gespielt und das war die Chance für die Leute in Kumasi, ihre Lieblinge zu sehen.

Aber halt, halt, erst mal HSV. Und anders als in Mole konnte ich hier problemlos online dabei sein. Problemlos bis zur 25. Minute, als das Internet erst mal den Geist aufgab. Da bis zur Halbzeit nix mehr ging, bin ich entnervt erst mal was essen gegangen. Leider erholte sich der Netzzugang in der Zeit nicht, erst die Schlussphase konnte ich wieder mitzittern. 1:1, damit können wir gut leben. Hurtig, ins Stadion, in 30 Minuten geht’s ja schon los. Sollte es losgehen, denn erst mal wurden die Hymnen nicht gefunden, dann waren diese praktisch unhörbar. Zehn Minuten später geht’s dann doch los. Bei den Ivorern spielt der 3. Torwart, bei Ghana stürmt Baffour Gyan in der Mitte, Agogo auf links und Draman auf rechts. Draman wird in Ghana Dramani genannt, spielt in Moskau und ist bei den Einheimischen im Gegensatz zu Asamoah Gyan sehr beliebt. Ich find den nicht so stark.

Den Auftakt macht allerdings Ghanas Oberliebling Muntari. Unwiderstehlich zimmert er einen Freistoß aus großer Entfernung ins Tor, sein Markenzeichen. Danach weiter Chancen für die furios aufspielenden Ghanaer, doch dann steht es plötzlich 2:1 für die Elfenbeinküste. Wieder mal typisch, man hat noch gar nicht registriert, dass Sanogo überhaupt spielt und schon hat er zweimal genetzt. Hat Gili es also doch noch kapiert, wenngleich zu spät. Kurz darauf schupft Sanogo noch einen Heber an die Latte und Ghana vergibt wieder reihenweise Chancen.

Zweite Halbzeit tun sich die Hausherren lange Zeit sehr schwer, dann startet der trickreiche Quincy einen furiosen Alleingang, den er mit dem Ausgleich krönt. Kurz davor erreichte eine biblische Insektenplage das Stadion, das waren aber eher Motten als Moskitos. Angeblich gilt das bei den Einheimischen als gutes Zeichen, das konnte aber nicht endgültig geklärt werden, diesmal hat es jedenfalls gestimmt.

Es kommt die 80. Minute. Was für ein Rotzspiel von Agogo bisher, aber die unsichtbare Hand, die das Drehbuch wie so oft bei Spielen um Platz 3 sehr interessant geschrieben hat, verwöhnt ihn mit dem Auftrag, einen Traumpass zum 3:2 zu verwerten. Was folgt ist Ekstase pur und ein ohrenbetäubender Lärm. Gottseidank sitze ich diesmal auf der Haupttribüne, auf der man ein Spiel wie dieses noch am ehesten ohne Hörsturz übersteht. Wie sagte Matt so schöne bei Tunesien-Kamerun in Tamale, „this will be a noisy game“. Aber man kann ja immer noch einen draufsetzen und so fasst sich paar Minuten später Draman ein Herz und knallt einen fiesen Aufsetzer zum entscheidenden 4:2 in die Maschen. In der Nachspielzeit ist Ghanas Trainer Le Roy völlig ausser sich, weil er einen verletzten Spieler nicht auswechseln darf, aber dann nur mehr Freude nach dem Schlusspfiff. Schon so oft habe ich gesagt, das Spiel um Platz 3 ist meistens eines der besten im ganzen Turnier, aber niemand mag es. Mir egal, jetzt gibt’s erst mal einen Schal (!) für die Verlierer und für Ghana die Bronzemedaillen. Für mich ist allerdings nicht Entspannung angesagt, denn ich will jetzt noch zurück nach Accra und hab hierfür auch mein ganzes Gepäck ins Stadion mitgebracht. Da natürlich kein regulärer Bus mehr fährt, habe ich auf einen Medienbus spekuliert, denn irgendwie müssen die Leute ja schnell zurück nach Accra, morgen Nachmittag ist ja Endspiel.

Die Spekulation war dabei durchaus richtig, denn es gibt tatsächlich einen Medienbus. Allerdings bin ich nicht der einzige, der auf diese schlaue Idee gekommen ist, zwei Schweizer haben den bereits geentert als ich einsteige, lange vor den ganzen Journalisten. Eine Stunde nach Spielende hat sich das Ding dann ganz gut gefüllt und eigentlich könnte es losgehen. Wär ned schlecht, denn es hat deutlich über 30 Grad und die Klimaanlage arbeitet nur, wenn der Bus fährt. Leider fangen zwei Leute einen sinnlosen und eskalierenden Streit um einen Sitz an. Ich denke mir noch, so wie die Organisation hier bisher lief, kann es doch niemals eine Liste mit den Passagieren für diesen Bus geben. Da kommt auch schon das Kommando, alle raus, damit die Liste geprüft werden kann. Es werden also die Leute auf der Liste aufgerufen und die dürfen einsteigen. Jetzt hilft nur mehr rumstänkern und das Mädel mit der Liste einschüchtern, sonst endet das tragisch. Projekt klappt auch und letztlich dürfen eh alle mitfahren, total sinnlose Aktion das ganze, nur weil einer unbedingt auf dem selben Sitz Platznehmen wollte wie auf der Hinfahrt.

Dieser entschuldigt sich dann wortreich bei allen, die er „eventuell schlecht behandelt“ hat und setzt zu einer kleinen Predigt an, als der Bus endlich losfährt. Leider fährt der Bus nicht in Richtung Accra, sondern zu einer Tankstelle in der Innenstadt. Offenbar tankt der Fahrer nur da, weil da Verwandtschaft arbeitet oder so. Das Stadion liegt nämlich auf der Straße nach Accra und der Weg durch das Verkehrschaos in die Innenstadt hat uns eine gemütliche dreiviertel Stunde gekostet. Verkürzt wird das aber durch die lustigen Fürbitten des Chaosauslösers. Highlight für mich „May this bus be covered by the blood of Jesus“. Die anderen Passagiere kommentieren jeden Satz korrekt mit “Amen”.

Nun, das Blut von Jesus ist offenbar auch nicht mehr ganz frisch, denn 5 Minuten nachdem wir das Stadion erneut passiert haben, geht der Bus ein. Es folgen völlig dilettantische Reparaturversuche, der Busfahrer drischt mit einem Schraubenschlüssel auf den Motor ein und alle Fahrgäste leuchten den Motorraum mit ihren Handys aus und geben gute Ratschläge. Woman in Charge ist wohl das Mädel mit der Liste, die aber auf Anfragen „Kommt ein Mechaniker?“ bzw. „Kommt ein Ersatzbus?“ keinerlei Antwort weiß. Soviele Wochen wurde ich in Ghana in den größten Schrottbussen und Schrotttaxen von Pannen verschont, aber jetzt war ich dann doch noch fällig. Erstmal im Crystal anrufen, dass ich irgendwann in der Nacht ankommen werde.

Die Wartezeit verkürzte man sich mit den einheimischen Journalisten und der großen Diskussion um die Elf des Turniers. Und irgendwann hieß es dann, der Bus fährt wieder. Warum weiß ich nicht, professioneller Mechaniker kam keiner, soweit ich das überblicken konnte. Der Bus hielt auch bis Accra, das wir gegen halb 2 erreichten. Der Busfahrer ließ mich am Nkrumah Circle raus, dort musste ich noch ein Taxi für 3 Cedi nach Darkuman organisieren, was mittlerweile eine meiner leichtesten Übungen ist, auch wenn die Fahrer die Verhandlungen weiterhin konsequent mit utopischen 15 eröffnen und ich mit 3.

Als ich um 2 Uhr im Crystal ankam, trudelt doch gleichzeitig ein Taxi mit meinem holländischen Freund Edwin ein. Große Wiedersehensfreude und Uncle ist auch noch auf und teilt mir nach überschwänglicher Vater-Sohn-Begrüßung ein neues Zimmer zu. Dieses ist sehr gut, ein 3er-Zimmer, aus dem ich gleich auf deutsch begrüßt werde. Von wem weiß ich zu dem Zeitpunkt nicht, da es ja dunkel ist. Aber erst mal feiere ich mit Edwin die Rückkehr nach Ghana, hierzu bringt er völlig überraschend eine Flasche Glenfiddich zum Vorschein.

Nächster Tag, der Tag des „Grande Finale“, wie es auf den Tickets steht. Meine Kollegen Matt und Jason haben das Wochenende nicht in Accra sondern am Krokobite Beach in einem Nobelhotel verbracht, erfahre ich mit Entsetzen. Mein Neid hält sich in Grenzen, auf das Spiel um Platz 3 hätte ich keinesfalls verzichten mögen. Wie auch immer, das Team ist zum letzten Mal vereint. Und so bricht man kurze Zeit später zum Stadion auf. Jason will allerdings vorher unbedingt Man Utd-Man City sehen, aber den Tag des Finales verbringe ich sicher nicht in einem Irish Pub mit englischem Fußball. Also eine erneute Aufspaltung, ich erklär mich bereit, inzwischen die Tickets zu besorgen.

Diese kosten auch weiterhin nur 4 und 15 Cedi, allerdings sind die Kassenhäuschen zu und es laufen nur halboffizielle Verkäufer ums Stadion rum. Diese haben allerdings keine Haupttribünenkarten und das wäre für die Schlussfeier schon schön. Hilft nix, Gegentribüne muss herhalten. Das Spiel entwickelt sich zu einem rassigen Finale, in dem beide Mannschaften offensiv agieren. Trotzdem steht es lange Zeit 0:0 und man vermutet, dass sich Kamerun wieder irgendwie zum Sieg nudelt. Das verhindert aber ausgerechnet der Sportskamerad Zidan mit einem der geilsten Zweikämpfe der Fußballgeschichte. In der 77. Minute beginnt er einen Zweikampf gegen Rigobert Song, der sich über gefühlte zwei Minuten hinzieht und mit Zidan als Sieger endet. Den grandios eroberten Ball spielt er mit Übersicht Abu Trika in die Beine, der mühelos zum 1:0 abstauben kann.

Interessanterweise hält der Großteil der Ghanaer zu Ägypten, unvorstellbar eigentlich, dass Zentralafrikanern zu Arabern halten. Und auch wir hätten vor dem Turnier nie geglaubt, dass wir mal zu Ägypten halten würden, aber so kann man sich täuschen. Kamerun als Turniersieger, das hätte irgendwie nicht gepasst, auch wenn ich die ganze Zeit getönt habe, dass ihn Ghana niemals eine arabische Mannschaft Turniersieger werden würde.

Erfreulicherweise kann man sich im Stadion von Accra frei bewegen wie in der Nordbank, so dass ich zum Schlusspfiff und zur Schlussfeier von der Gegen- auf die Haupttribüne sprinten konnte, um gescheite Fotos von der Pokalübergabe zu machen. Die Abschlussfeier war ein wunderbarer Abschluss eines wunderbaren Turniers. Danach war nicht mehr viel los, wir gingen noch Abendessen in Adabraka und dann zurück ins Hostel, alle waren noch reichlich KO vom Vortag. Dort aber noch eine lustige Szene miterlebt. Edwin wollte sich eine Klamotte schneidern lassen und die Schneiderin war gleich gegenüber. Das wollte ich mir ansehen, obwohl die Enttäuschung groß war, dass das Dress nicht für ihn, sondern für seine Freundin war. Hierzu nahm er ein Mädel aus unserem Hostel, Fiona, als Anschauungsobjekt mit. Bei der Schneiderin wurde also erstes „What about the level of Fatness“ von Edwins Freundin gefragt, als zweites wurde dem Foto entnommen, „The breasts are very little“. Herrlich. Edwin hätte nun gerne gesagt, dass die Brüste zwar kleiner als die der Schneiderin, aber größer als die von Fiona seien, aber das konnte er vor Fiona natürlich nicht sagen. Ich habe mich köstlich amüsiert, auch als die Schneiderin meinte, ich sähe aus wie „John, the Baptist“ und ich konterte, „meine Oma sagt aber immer, ich seh aus wie Jesus“.

Montag, die Abreise rückt immer näher. Um die Rechnung im Hostel bezahlen zu können, brauchte ich allerdings noch mal ordentlich Cedi, also in die Stadt. Und zum Schluss noch mal die ganz alte Trotro-Schule, damit man das nicht vergisst, so ein Sammeltaxi mit 25 Leuten eingepfercht. Dort teilten wir uns kurz auf, weil Abheben mit Mastercard in der Barclays Bank ne Stunde dauert und ich und Jason nur Bargeld wechselten, was 30 Sekunden dauerte. Ich suchte noch nach paar Souvenirs und einem Trikot von Asante Kotoka. Letzteres scheiterte, da es in Accra dreimal so viel kosten sollte wie in Kumasi und die Leute in diesem „Cultural Center“, das nur aus Souvenirständen bestand, ziemlich unsympathisch waren. Jason wusste das schon und wartete draußen auf mich. Er erzählte mir, dass er beim Warten, sechs interessante Leute kennengelernt habe: „Der erste dachte, ich wäre krank, der zweite wollte mir irgendwas verkaufen, der dritte war ein Schulkind, der vierte ein Homosexueller, der fünfte fragte, ob ich alleine bin und der sechste war ein Moslem“. Nicht schlecht, ich war ja nur ein paar Minuten weg, aber das ist halt Accra.

Leider passierte mir dann, als es schon dunkel war und die anderen schon zurück zum Crystal sind, noch ein klassischer Unfall. Da gibt es ja zwei Sachen, entweder man fällt in den Kanal, was mir zweimal passiert ist, aber harmlos endete, oder man rennt in einen vor allem im Dunkeln unsichtbaren Stacheldraht. Der soll verhindern, dass Fußgänger beim Kreisverkehr einen Abschneider nehmen und das gelang ihm bei mir auch sehr gut. Mit der Hilfe von netten Passanten konnte ich mich wieder befreien, mit blutenden Unterschenkeln.

Trotzdem mit Trotro zurück zum Hostel und so kam auch noch das antibiotische Gel für offene Wunden zu seinem Einsatz. Für heute abend war unsere große Abschlussfestivität geplant, da Matt auch noch morgen Geburtstag hatte und man da schön reinfeiern konnte. Jason wollte natürlich vorher das englische Montagabendspiel in Irish Pub sehen. Irish Pubs außerhalb Irlands oder Englands sind aber gar nicht meines, da reichlich uncool. Irish Pubs sind irgendwie wie Mc Donalds nur völlig überteuert. Als wir Jason und zwei weitere Partygäste dort nach dem Spiel einsammelten, hat sich dieser Eindruck noch mal ordentlich bestätigt.

Abendessen wollten wir beim Inder, auf Wunsch des Geburtstagskindes, aber erst blieben wir bei ner Tanke hängen, um Savannah Cider nachzutanken. So war es schon nach 22 Uhr und die meisten Lokale machen früh dicht in Ghana. Zum Inder mussten wir auch noch ein Stück laufen und kuriosen Gestalten begleiteten uns durch dunkle Gassen, in der Hoffnung wir kaufen ihnen irgendwelchen Ramsch ab oder zahlen wenigstens ein Bier. Der Inder hatte aber dicht, also zurück zur Oxford Street, der Hauptstraße von Osu. Dort wurde es eng zeitlich. Uns begegneten jetzt mal echte Ägypter, bei denen Jason überraschenderweise ägyptisches Geld in Cedi wechselte. Diese kamen aus dem Monsoon Restaurant, einem Nobelschuppen, der noch offen haben sollte. Bekannt für seine Wildscheinsteaks, hört sich gut an. Aber auch zu.

Letzte Hoffnung der Pizzaladen. Und der erlaubte uns auch noch eine Bestellung, hui das war knapp. Pizza war sehr sehr lecker und jetzt ab ins Nachtleben. Hmm, was hat denn noch auf? Nicht viel, aber es soll da noch das Teddys geben. Das war dann auch der Knaller. Das Lokal war mehr ein Stand am Straßenrand mit paar Barhockern und Tischen. Geleitet von einem eher schmierigen Typen aus Bonn, der Kaiserslautern-Anhänger war. Sachen gibt’s.

Die Biere waren aber kalt und billig und so ging es dahin. Rätselhafterweise tauchten die Typen von eben wieder auf und durften sich von uns alkoholgeschwängerte Schwachsinnsgeschichten anhören. Ich nannte Jason nur mehr den Sniper, so hat sich ein durchgeknallter Security-Typ in Kumasi mir vorgestellt, der mal meine Kamera beschlagnahmen wollte. Die Warnung, sich nicht mit dem Sniper anzulegen, nahm der kleine Junge aus Accra aber ernst, denn als ihn Jason losschickte uns zwei Biere vom Stand zu holen, stimmte das Wechselgeld bis auf den letzten Persewa. Dafür wurde der gute Junge dann auch mit einem Guinness belohnt.

Im Laufe des Abends überstieg dann die Anzahl der Prostituierten, die aus den Clubs kamen, die wir nie gefunden haben, dann deutlich die der Gäste und die Girls stritten sich lustig catfight-mäßig untereinander, wer mit wem von den Obronis reden dürfe. Irgendwann war der Sniper dann komplett durch den Wind, da er die Biere wohl zu oft mit Schnapseinlagen unterbrochen hat. Wir schleppten ihn zu einem Taxi in dem er friedlich und unsnipermäßig einschlief, während die Verhandlungen über den Fahrpreis noch in vollem Gang waren. Als dann das Crystal erreicht wurde, graute der Morgen, genauso muss eine Abschlussfeier enden.

So war es auch höchst notwendig, dass nervige Dinge wie eine Check-Out-Zeit im Crystal völlig unbekannt sind. Es wurde lange geschlafen und am Nachmittag gechillt, lediglich eine Sache war noch zu erledigen, die große Foto-CD brennen. Leer-CDs hätte ich ja dabei gehabt, nur haben wir insgesamt Foto- und Video-Material von 4,22 GB produziert. So musste eine Leer-DVD besorgt werden, was mit etwas Mühe auch in Darkuman gelang. Dann die großen Verabschiedungen, Abschiedsfotos etc. Die Zeit im Crystal war wirklich ein „home away from home“, entsprechend überschwänglich wurde Uncle und Auntie dafür gedankt.

Ein letztes Taxi noch zum Airport. Dann ging erschreckend problemlos zu 5 Cedi, obwohl die Fahrt wegen dem Verkehr ne Stunde dauerte. Der Taxifahrer kaufte unterwegs sogar auch noch Cockpitpolitur und sorgte während der Fahrt für ein glänzendes Armaturenbrett, damit ich mich in seiner Kutsche auch rundum wohl fühle, Zitronenduft eingeschlossen. Letzten Cedis am Airport ausgegeben und ab in den Flieger.

Zürich-Epilog

Der Service bei der Lufthansa war zwar genauso schlecht wie beim Hinflug, aber das Personal war teilweise freundlicher, na immerhin. Gerne hätte man etwas Verspätung in Frankfurt gehabt, aber um kurz nach 5 musste man raus. Der Flieger nach Zürich geht erst kurz vor 8, aber es gibt in Frankfurt immer noch diese Samsung Internetterminals. So fast den Weiterflug verpasst, mit dem Versuch diese Valentinstickets von Tuifly für den Rückflug der Freundin nach HH zu buchen. Aber in Frankfurt werden ja die fehlenden Passagiere auf deutsch ausgerufen und so gerade noch die Kurve gekriegt.

In Zürich erst mal warten auf das Eintreffen der HSV-Kumpels. Erstmal Flo mit dem AirBerlin-Flug ab Hannover. Der kam auch pünktlich, hatte aber keine Jacke für mich dabei, konnte mir aber immerhin einen Pullover anbieten. Aber momentan war es in Zürich eh frühlingstemperaturenmäßig, so dass ich es zum Hotel sogar kurzärmlig schaffte. Dieses Projekt konnte gestartet werden, als Ballermann von der Swissair ebenfalls pünktlich eingeflogen wurde. Das easyHotel überraschte mit schönen Zimmern inkl. Bad. Somit war auch die erste heiße Dusche nach 5 Wochen fällig, in Ghana wäre das aber auch sinnlos, da die Dusche hier neben der Reinigung vor allem der Abkühlung dient.

Der Mittwoch wurde allerdings größtenteils verschlafen. Proviant am Nachmittag im COOP Supermarkt eingekauft und abends noch ein grausiges Döner für 8,50 Franken. Aber am Donnerstag zeigte sich Zürich von seiner besten Seite. Vormittags erst einmal die Sehenswürdigkeiten auf dem im Stadtplan eingezeichneten grünen Rundweg abgewandert, das ist wirklich mal eine tolle und sehenswerte Stadt, also das genaue Gegenteil von Zagreb. Highlight sind natürlich die Chagall-Fenster in der Kirche, auch für kunstgeschichtlich eher Ahnungslose wie mich sehr, sehr beeindruckend.

Nachmittags dann die schöne Bootsfahrt, die im Preis der sehr lohnenden Zürich-Card inkludiert ist. War sehr lustig und das Quöllfrisch-Bier perlte ausgezeichnet. Wetter war gut, aber etwas diesig, so dass das folgende Panorama vom Rütliblick nur eine lustige Seilbahnfahrt war. Selbiges gilt für die Polybahn. Es folgte das kulinarische Highlight, ein klassisches Käsefondue in einer urigen Bierstube mit wunderbarer Chefin alter Schule. Eine gute Wahl war das Paprikafondue, das voll unseren Geschmack traf mit angenehmer leichter Schärfe vom Paprikapulver und ordentlich Knobi. Obwohl Baller ein wenig schwächelte, sorgten Flo und ich dafür, dass auch alles aufgegessen wurde und auch Brotstücke haben wir Ungeübte recht wenig verloren, so dass niemand im Rhein versenkt werden musste.

Weiter zum Stadion, wo diverse Sportskameraden begrüßt wurden und auch Korrekta-Andi den wilden Ritt von Offenbach nach Zürich in Rekordzeit bewältigt hatte. Das Stadion mit Holzdach gefiel und überraschte mit Wurstpreise unter dem Niveau der restlichen Stadt. Für uns aber nach dem Fondue sowieso kein Thema. Netterweise zeigte auch unsere Elf eine tadellose Leistung, man hatte den Gegner jederzeit im Griff, zog in Halbzeit zwei das Tempo an und begeisterte uns mit drei schönen Toren. Das geschenkte Phantomtor für Zürich tat der Freude da keinen Abbruch.

Während Andi die Korrekta-Karre umgehend wieder in Richtung Hamburg bewegen wollte, chillten wir im easyHotel noch bei Benfica-Nürnberg mit ein paar Quöllfrisch, nachdem Baller am Vortag für 24 Stunden TV eingekauft hatte. Tja, bei dem Preis von 42 Euro fürs Doppelzimmer kost halt alles extra, die können aber ruhig paar mehr Filialen aufmachen, die Chancen stehen gut, dass sie unsere Lieblingseuropacuphotelkette werden. So gegen 1 wurde uns dann das TV eh abgedreht und man konnte noch paar Minuten Schlafversuche unternehmen, ehe um kurz nach 4 der Wecker klingelte.

Um 5 zum Flughafen, dort noch eine Fahrt mit der Heidi und dann mit AirBerlin zurück nach Hannover. Kurz auf Gerner-Swiss-Air-Baller warten und dann Niedersachsenticket nach HH. Umsteigen in Langenhagen sehr knapp kalkuliert, aber geklappt, so dass man um 12 Uhr wieder in Hamburg war. Nach 34 Tagen und 18 Spielen (17 Ghana, 1 Zürich) ist man dann doch heilfroh, wieder in den eigenen vier Wänden zu sein.

Auch wenn es eine der kürzeren Extravaganzen war, diese wird mir in besonderer Erinnerung bleiben. Die Zeit in Ghana war wunderbar und alles war deutlich einfacher als erweitert. Wobei natürlich die Basis im Crystal Hostel viel dazu beigetragen hatte, aber der Reiseführer hatte mit „Meet the friendly people of Ghana“ absolut recht, gastfreundliche und nette Menschen sorgten für eine großartige Zeit. Dass ich dann auch noch zügig tolle Freunde kennengelernt habe, mit denen gemeinsam das ganze Turnier und das Reisen noch viel mehr Spaß machte, tat ihr übriges dazu. Zürich war dann ein perfekter Abschluss, in jeder Hinsicht.



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schönen dank für die ausführlichen reiseberichte.

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ein tolles finale. danke für die lässigen berichte, ich freu mich schon auf die dazugehörigen fotos!

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