Hamburgs Bewegungsmelder



 


Hamburgs Bewegungsmelder


Hamburgs Bewegungsmelder


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(Tomte – Norden der Welt)
Meine Rückreise nach Hamburg war umständlicher als zuvor geplant. Ich lag gut in der Zeit am Weg zum Flughafen. Doch die erste Überraschung oder besser der Kontrolleur wartete schon in den Wiener Linien auf mich und brachte mich aus meinem kurz gehaltenen Timing und um 62 Euro. Wortlos nahm ich den Zahllappen entgegen und eilte Richtung Landstraße Mitte, Check-In, CAT.

Noch leicht gestresst, den Kappler im Genick, blickte ich mich um und sah 3 Damen vor mir. Zwei von ihnen saßen an verschiedenen Check-Ins und die Dritte, mit Putzrollwagen staffiert, unterhielt sich mit der links vor mir sitzenden Check-In-Dame. Ich also, aus reiner Gewohnheit, zur ersten freien Frau am Tresen, stellte meinen Koffer ab und eröffnete mit den Worten: <<Hamburg, bitte. Hier die Papiere.>> <>, entgegnete sie. <<21.20.>> <<Oh, wir haben heute gar keinen Flug mehr nach Hamburg. Wo haben Sie gebucht? >> <> <<Ah, da müssen Sie zur Dame neben an. >> <<Meine Güte, kompliziert>>, dachte ich, <<hätte sie mich nicht gleich darauf aufmerksam machen können>>, war doch nichts beschildert und der Schalter, der von einem in ein Gespräch vertieftes Personal besetzt war, wirkte alles andere als geöffnet. Also 2 Meter nach links. <>, sagte ich, noch nichts von den Problemen ahnend. Wieder gleiches Spiel, wohin es denn gehe und welchen Flug ich gebucht hätte. <<21.20, Richtung Hamburg. >> <<Ok, da können sie bei mir nicht mehr einchecken. Bei mir hätten sie nur bis 20.05 einchecken können. Tut mir leid. >> Ich blickte auf die Uhr, es war 20.08 und verfluchte einmal mehr den Wiener Schwarzwappler. <<Gut, aber was soll ich jetzt ihrer Meinung nach machen. Nicht mal per Taxi würde ich den Check-In am Airport noch rechtzeitig schaffen. Schlagen sie eine Lösung vor. >> Mit diesen Worten entzündete ich ein kurzes Hick-hack, welches ich aber einige Augenblicke später mit anfangs netten, letztlich grimmigen Blicken beiseite räumen konnte und nicht nur den Koffer einchecken, sondern auch das Ticket entgegennehmen durfte.

Genau dieses Hick-Hack jedoch führte dazu, dass ich den CAT hauchdünn verfehlt hatte. In der Wartezeit brachte ich schon mal meinen Puls hoch und bereitete mich auf einen Abendsprint durch Schwechats Irrgarten vor.

Im CAT sitzend dann die erste Erleichterung: <<Flug Hamburg um 30 Minuten verspätet>>. Dennoch eilte ich durch die Sicherheitskontrolle, hin zum Abflugsgate. <<21.10>>, dachte ich, <<Ich hätte sogar den ursprünglichen Abflug noch erreicht>>. Ich machte es mir gemütlich, wartete auf das Boarding und schrieb die vergangenen Erlebnisse in mein Moleskine nieder. Ich konnte viel und lang schreiben, beachtete keine Uhrzeit und wurde mit den Worten <<Hm, schon 22.00. Wir kommen wohl nicht mehr weg hier, Hamburg hat ein Nachtflugverbot, nach 23.00 darf dort keine Maschine mehr landen>> aus meinem Trancezustand gezerrt.

An Board erklärte der Pilot schließlich den Grund der Verzögerung. Am Airport HH wurden Feuerwerkskörper gezündet und alle Passagiere mussten ein weiteres Mal durch die Sicherheitskontrolle. Das Nachtflugverbot wurde aufgehoben und ich stellte geruhsam fest, dass die prognostizierte Ankunftszeit 23.30 meinen ursprünglichen Plan nur minimal beeinträchtigte und ich ohne weiteres noch den Heimweg per Öfis antreten konnte.

Die üblichen Fragen <<Käse oder Pute>> und <> später trafen wir in Hamburg ein. Ich eilte schnurstracks zur Gepäcksausgabe. Mein Gepäck allerdings wollte sich nicht beeilen. Einige bittere Warteminuten später dann die Durchsage der Sprecherin: <<Wir entschuldigen uns für die Verzögerung bei der Gepäcksausgabe, aber wir kennen selbst das Problem nicht, wir eruieren das umgehend.>> Kurz darauf: <<Aufgrund eines Brandalarms können die Gepäcksschleusen nicht geöffnet werden. Die Feuerwehr ist schon unterwegs.>> Nach diesen zwei hoch beruhigenden Durchsagen sah ich schon meinen Koffer im Stauraum und mich am darauffolgenden Tag im Büro schmoren.

<<Hm, hab ich mir irgendwie anders vorgestellt>>, dachte ich, bemerkte aber, wie vertraute Ruhe in mich zurückkehrte, drückte das Volumen am Ipod etwas höher und beobachtete die wild umhergestikulierenden Passagierhände um mich herum mit Phlegma. Einige Minuten darauf kam das Gepäck dann doch, unverschmort. Ich eilte Richtung Bus 110, stieg ein und vergewisserte mich noch beim Chaffeur, ob ich auch noch Anschluss per U1 hätte. <>, antwortete er mir. <<Sind sie sich sicher? >>, zögerte ich und kramte schon Kleingeld für die Fahrkarte hervor. <<Ja, eigentlich schon>>. Ich war beruhigt und kippte im hinteren Teil des Linienbusses gemütlich nieder.

In Ohlsdorf, U1, angekommen gab es tatsächlich noch Anschluss. Um 06.35. Treffer. Auf zum Nachtbus. Dieser fuhr jedoch erst eine Stunde später und so rief ich ein Taxi, welches auch unverzüglich bei mir ankurvte. Mein Tag war abgerundet. Der Taxler roch wie er aussah, wusste nicht wo Winterhude (ein ganzer Stadtteil in HH) war und schob uns auf freier Fahrbahn gemütlich mit 45 km/h voran.



comment    
 

Musik beeinflusste mich in nahe zu allen Lebenslagen, machte so manches intensiver, half mir zu verstehen und auch zu verarbeiten, in vielerlei Hinsicht. Sei es geteiltes Leid, das man bei der Reflektion fremder Songtexte erfährt und daran erinnert wird, dass die eigene Geschichte kein Einzelfall ist, oder sei es der eigens verfasste, von der Hirnrinde losgeschriebene Text, der einem bei der Auf- und Verarbeitung von Erfahrungen hilft, oder sei es schlicht die Entspannung, die durch den Fall in die Musik angestoßen wird.

Diesmal allerdings war es ein Stück durchdringender und die mannigfaltigen Gedanken wurden durch vereinzelte Textbausteine wie kleine Flashbacks begleitet.

<<Ich gehe ohne Reue, ich gehe ohne Furcht. Ich werde allen davon erzählen und alle werden verstehn>>

(Tomte – Was den Himmel erhellt)
Also öffne ich mein neues Moleskine und gebe das etwas unverdauliche Geschreibsel vom Flughafen preis:

"Wo bitte geht’s denn hier nach Zuhause?

2.1.07

<<„Das musst du doch verstehen; So eine Chance kommt nie wieder.“ Du gehst tränenreich in eine höhere Liga.>>
(Kettcar – 48 Stunden)

Mit Tränen ins Jahr 07, nicht der Trauer, nicht der Freude, sondern der Gefühlsüberflutungen, einem Gemisch aus zuviel von Allem und zuwenig von Nichts; zuviel Liebe, zuwenig Reflektion, zuviel Geborgenheit, zuwenig Nähe, zuviel Alkohol, zuwenig Schlaf und vor allem zuviel Rauch und zuwenig Gesundheit dafür. Es fühlte sich an wie eine Mixtur aus Adrenalin-, Koffein- und Zuckerschub, und ich erkannte eine merkwürdige Parallele zur Börsenwelt. Ich war mein eigener Börsenbrief, der seinen eigenen Kurs nach oben puschte, auf ein überzogenes Niveau und ich wusste, dass die nötige Konsolidierung schon kurz bevorstand . Alle Kurzzeitindikatoren zeigten klare Tendenz gen Süden. Jetzt war es also an mir, den Langfristtrend verteidigen und den Aufwärtstrend bestätigen zu können, also eine Abgleichung auf hohem Niveau ohne Rückfall auf das Ursprungsniveau. Es musste eine kerzenähnliche Formation - einem Stern ähnlich, der raketenhaft aufsteigt, verglüht und in Resten wieder zu Boden klatscht – verhindert werden.

All das, wusste ich, musste vermieden werden. Es war ja nicht das erste mal und so wurde ich an einen wichtigen Satz eines wichtigen Menschen erinnert: <> und diesmal vergaß ich nicht, diesen Satz nicht und ebenso nicht seine Bedeutung. Zu oft schon hat mich die Natürlichkeit der Vergesslichkeit wieder bei Null beginnen lassen, nur augenblicklich war es anders; ich war anders, vieles hatte sich geändert und ich hatte nicht vergessen.

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(Olli Schulz - Weil die Zeit sich so beeilt)

Ich saß neben dem Fenster, leere Blicke in die Luft und stechende ins Herz hinein fragend und bekam den Satz von Olli Schulz nicht mehr aus dem Hinterkopf: <<Das Schlimmste ist gar nicht, wenn Liebe auseinander geht. Das Schlimmste im Leben ist, wenn Liebe auseinander geht und man liebt sich noch.>> Das Jahr 2006 war ereignisreich für mich, ähnlich 2003 und somit ein besonderes.

Der Norden rief nach mir und der Druck des Augenwassers erhöhte, der Magen verkrampfte und der Kopf zerbärste sich nach der richtigen Entscheidung, der Suche nach dem angebrachten Gefühl, welches wieder Ordnung in diesen Dusel bringen sollte, doch, das gelang mir nicht.

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(Kettcar – 48 Stunden)
Ich hatte vieles zurückgelassen und bei meinem Besuch auch einiges davon, was ich schon als begraben und verrottet geglaubt hatte, wieder hervorgebuddelt. Meine Gedanken bewegten sich kreisdrehend um Zukünftiges und der Alkohol tat den Rest, dass im Zentrum dieses Kreisels die Emotionen der jeweiligen Zukunftsalternative verfestigt waren. Es glich einem Rauschen durch die Gefühlswelt, indem ich mich immer der gleichen Frage gegenübergestellt sah: <> und jedes mal zur selben Antwort kam: <>.
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(Clickclickdecker - Wer hat mir auf die Schuhe gekotzt)
Ich dachte über Gespräche nach, was mir gesagt wurde und wie ich mich fühlen würde und was passiert, wenn ich nicht mehr zurückkommen sollte.
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(Tele – Wenn du gehst)

<<Krieg dich wieder ein, Mädchen>>, dachte ich, <<alles halb so wild. Wirkt sowieso immer übler, wenn man angeschlagen ist, nicht ganz fit ist>> und erinnerte mich an ältere Textpassagen aus dem Moleskine. Ich blätterte durch und fand folgenden Ausschnitt:

„Wenn Frauen sich trennen, dann gehen sie zum Friseur, Männer in die Muckibudi und ich, ich machte beides. Zu jener Zeit ging ich oft ins Fitnessstudio, gleich um die Ecke. Den Weg dort hin lief ich zumeist, erst spät abends und kam mir jedes mal ein wenig apart vor, ein witziges Gefühl, leicht hedonistisch und ein Hauch von Rocky. Ich konnte Berge versetzen, fühlte mich bereit für den großen Kampf und sah mich hüpfend und jubelnd ganz oben auf den Stiegen die Hände in die Luft reißen.

Zwischen den einzelnen Übungen schnappte ich mir zumeist eine dort rumliegende Zeitschrift – bewusst griff ich zum größten Müll, den es dort gab. Sie hatten die übliche Warteraumlektüre. Von Brigitte, Auto Bild, Gala über Bild, Spiegel, alles vertreten. Ja, und ich nahm mir die Maxi zur Hand, eines der schlimmsten Blätter. So eines, wo die Zensur wieder Sinn bekommen würde. Man fragte sich ja immer wer so etwas liest. Diesmal tat ich es. Aber die berechtigte Frage blieb: Wer war wirklich dazu bereit für diesen gedruckten Schrott Geld auszugeben?

Ich blätterte rein und blieb an der Titelstory: „Warum hast du eigentlich wirklich mit mir Schluss gemacht?“ hängen und las das größte Zugemülle seit langem. Die 4 Phasen einer Trennung, von Psychologen analysiert, unter dem schalen Titel „Hölle und wieder zurück“. Ich musste schmunzeln, analysierte es aufmerksam, runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf, zog den linken Mundwinkel zur Seite und stieß ein überlegenes Schniefen aus. Bei der Analyse des Textes überkam mich ein sonderbarer Gedanke, ein eigenartiges Gefühl. Ich fühlte mich wie jemand, der schneller ging als er laufen konnte, höher hüpfte als er springen konnte und lauter sprach als er schreien konnte, alles durchlief, alles allerdings im Zeitraffer. Ein weiteres Grinsen entlockte mir der kolportierte Klassiker „das verdammte 7. Jahr“. Auch das kannte ich, nur ein wenig anders halt. Ich war mit allem im Reinen, die Weste weiß, am Start stehend und bereit für einen neuen Abschnitt. Erhebend. Ich drehte mich um, ging zur Langbank und packte aus Übermut 10 kg mehr auf die Eisenstange, breitete mich darunter aus und merkte sofort, dass ich daran kläglich scheitern würde.“

Ich musste lachen und konnte mich noch genau daran erinnern. Ich beruhigte mich stückweise und fühlte mich einem Monolithen ähnlich, wieder aus einem Guss, zusammengefügt und als Einheit. Ich hatte nicht vergessen und wusste, dass Trennung nur physischer Natur, nie aber seelischer war.

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(Tomte – Was den Himmel erhellt)
Ich war gerührt und stolz; gerührt so wunderbare Freundschaften und Bänder pflegen zu dürfen und stolz auf das Glück, diese überhaupt zu haben.
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(Kettcar - 48 Stunden)
So sieht´s aus, unter´m Strich!"
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erstens: schöne anreise. solche situationen sind immer wieder unglaublich, obwohl man ab einem gewissen punkt an einem tag eigentlich schon wissen müsste, dass noch was kommt.

comment: super geschrieben, die klatschende hand.

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